Text/Press
Marlis Stachowitz : „In der Pracht des Teppichs das Dilemma unserer Zeit.“
Kata Unger arbeitet am Hochwebstuhl. Es ist eine klassische Bildwirkerei. Der Bildteppich ist zugleich Bildträger, Bildfläche und Bild.
Die Wolle- oder Seidenfäden, Kette wie Schuss werden von Kata Unger selbst gefärbt und verwebt. Der Bildplan entwickelt sich aus senkrechten und waagerechten Linien. Das Bild ist vorn und hinten gleich, nur spiegelverkehrt. Sie arbeitet ohne eins-zu-eins Kartonvorzeichnung, wie traditionell gewirkte Schlitzwebereien.
Das Weben ist für Kata Unger eine Technik der Bilderzeugung und zwar in einem System, das dem binären System der Computer null und eins entspricht.
Als der französische Erfinder Joseph-Marie Jacquard Anfang des 19. Jahrhunderts den ersten mechanischen Webstuhl entwickelte, der sich per Lochkarte programmieren ließ, wurde sein System bald zum Vorbild für die Steuerung des ersten Computers von Zuse. Mit der Erfindung des Webstuhls „trennte er als erster die Software von der Hardware“, „schrieb der Sozialhistoriker Hans G. Helms: „Vom ersten mechanischen Webstuhl führt die Entwicklungslinie damit geradewegs zum modernen Elektronengehirn. Wichtig ist der strikte dualistische Aufbau eines Gewebes, das Raster aus Kette und Schuss.“
Dieses Bewusstsein, dass es eine enge Verbindung vom Weben zum Computer gibt, hat einen zentralen Stellenwert in Kata Ungers Arbeit. Die Textur der gewebten Bilder erscheint wie eine Analogie zur punkthaften Auflösung des Bildschirms. Eine der ältesten Techniken des Menschen steht so in einer Linie zu unserer computerisierten Welt.
Dass Kata Unger diese Verbindung zieht und davon fasziniert ist, hat mit ihrem Interesse für zukünftige Entwicklungen in Technologie, in Wissenschaft, für philosophische Fragen und auch und immer wieder für Science-Fiction in Literatur und Film zu tun.
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